Neonazis dürfen in Bad Nenndorf marschieren

Ein Neonazi auf einer Demo in Bad Nenndorf 2008 © dpa Fotograf:  Peter Steffen

Die Rechtsextremisten veranstalten seit 2006 regelmäßig Gedenkmärsche in Bad Nenndorf.

Die Neonazis dürfen nun doch am Sonnabend in Bad Nenndorf demonstrieren. Das Veraltungsgericht Hannover kippte am Donnerstag ein entsprechendes Verbot des Landkreises Schaumburg und gab einem Eilantrag der Rechtsextremen statt. Das Verbot der Gegendemonstration des bürgerlichen Bündnisses "Bad Nenndorf ist bunt" bestätigte das Gericht jedoch und lehnte somit einen Eilantrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ab.

"Schlag in die Magengrube aller Demokraten"

Fassungslosigkeit und Entsetzen sind die ersten Reaktionen in Bad Nenndorf nach dem Richterspruch aus Hannover. Der Mitbegründer des Bündnisses "Bad Nenndorf ist bunt", Apotheker Jürgen Übel, sprach von einem "Schlag in die Magengrube aller Demokraten" und bescheinigte dem Urteil eine "katastrophale Signalwirkung". Ähnlich äußerte sich der Bad Nenndorfer Samtgemeindedirektor Bernd Reese: "Ich bin fassungslos", sagte er und fügte hinzu: "Es muß sich doch auch bis zum Verwaltungsgericht herumgesprochen haben, dass da braune Wölfe im Schafspelz durch Bad Nenndorf marschieren wollen."

Polizeilicher Notstand durch Gewaltpotenzial

Der Landkreis Bad Nenndorf hatte am Donnerstag mit dem Argument des sogenannten polizeilichen Notstandes sowohl den rechten "Trauermarsch", als auch die Gegendemonstrationen des Bündnisses verboten. Die Begründung lautete, dass angesichts des zu erwartenden Gewaltpotentials von links und rechts keine ausreichende Zahl von Polizeikräften zur Verfügung stehe. Beide Seiten waren gegen dieses Verbot vor Gericht gezogen.

Rechtsextremisten meldeten Demo zuerst an

Das Gericht argumentierte bei der Begründung seiner Entscheidung unter anderem mit dem sogenannten "Erstanmelderprinzip". Die Rechtsextremisten hatten ihren "Trauermarsch" bereits vor Jahren angemeldet und seien deshalb in einer besseren Rechtsposition. Außerdem führte das Gericht die Gefahrprognose der Sicherheitsbehörden an, wonach im linksextremen Spektrum mehr Gewalttäter zu befürchten seien, als im rechten Spektrum.

DGB: "Skandalöses Urteil"

Der Regionsvorsitzende des DGB Niedersachsen-Mitte, Sebastian Wertmüller, sprach von einem "skandalösen Urteil". Er kritisierte den Richterspruch scharf: "Wir haben ausschließlich zu friedlichen Protesten aufgerufen und sind nicht verantwortlich für den 'polizeilichen Notstand'." Das Urteil sei die schlimmstmögliche Folge der Verbotspolitik des Landkreises. Er kündigte sofortige rechtliche Schritte gegen den Richterspruch beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg an. Auch der Landkreis Schaumburg will gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlegen.

Stand: 12.08.2010 20:46

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