Gründer des TAK ist verstorben

 Der politische Kaberettist Dietrich Kittner ist am Morgen des 15. Februar 2013 in einem Krankenhaus in Bad Radkersburg (Österreich) verstorben. Der Kaberettist ist sanft entschlafen und hatte keinerlei Schmerzen.
Dietrich Kittner wurde am 30. Mai 1935 in Oels, Schlesien, geboren. Der Sohn eines Zahnarztes und dessen Frau besuchte die Humboldtschule Hannover. Während seines Jurastudiums, das er später abbrach, gründete er 1960 in Göttingen das „Göttinger Studenten- und Dilettanten-Kabarett DIE LEID-ARTIKLER“. 1961 meldete er beim Ordnungsamt Hannover einen Gewerbebetrieb für politische Satire an. Er provozierte Ämter und Behörden mit seinen Programmen und Aktionen, so wurde er zum Beispiel 1965 im Garten des Café am Kröpcke mit NS-Luftschutzhelm und Gasmaske festgenommen. Das Ganze war als Protest gegen die sogenannten einfachen Notstandsgesetze gedacht, die zu dieser Zeit im Bundestag in der Diskussion waren und in denen es auch um gesetzliche Regelungen zur Zivilverteidigung ging.

1963 traten die „Leid-Artikler“ im festen Haus in Hannover, dem Kabarett Mehlstraße, auf. Seit 1966 ist Dietrich Kittner ausschließlich mit Soloprogrammen an festen Spielstätten in Hannover und auf Tourneen zu sehen: Kabarett club voltaire (1968), Theater an der Bult – tab (1975), Theater am Küchengarten (TAK) (bis 2006). Unter anderen nennt Kittner den „satirischen Arbeiterdichter und revolutionären Politkünstler Erich Weinert“ als sein Vorbild. Im Jahr 1977 hat er als sein 15. Programm eine Erich-Weinert-Revue produziert, die auch auf einer Langspielplatte zu hören ist und mit der er sich „als würdiger Erbe seines großen Vorbildes ausgewiesen“ hat.
In Fachkreisen legendär war seine Vorstellungszahl von jährlich zwischen 190 und 220 Soloauftritten in den Jahren 1966 bis 1996. Als Mitbegründer des Clubs Voltaire in Hannover 1968 und Mitinitiator der Aktion „Roter Punkt“ gegen Fahrpreiserhöhungen im öffentlichen Nahverkehr (1969 bis 1973) gewann er in seiner Heimatstadt Hannover auch über seine künstlerische Arbeit hinaus Popularität. Kittner, der Mitte der 1960er Jahre aus der SPD ausgeschlossen wurde, vertritt ein stark links orientiertes Kabarett, dessen Ziel er vor allem in der politischen Aufklärung sieht. In den 1970er Jahren gehörte er mit Franz Josef Degenhardt, Dieter Süverkrüp und den Mitgliedern der Gruppe Floh de Cologne zu jenen Liedermachern und Kabarettisten, die kommunistische Positionen vertraten und den real existierenden Sozialismus in Osteuropa prinzipiell befürworteten. Zwischen 1973 und 1989 absolvierte er als einer von wenigen Westkünstlern auch mehrere große DDR-Tourneen. Im öffentlich-rechtlichen westdeutschen Fernsehen hat er seit 1973 quasi „Fernsehverbot“ (Süddeutsche Zeitung). 1993 übergab Kittner die Leitung des bis dahin sechs Jahre durchgängig ausverkauften Theaters am Küchengarten (TAK) an eine GmbH. 2007 kündigte er wegen „unüberbrückbarer künstlerischer und organisatorischer Differenzen“ dem TAK die Zusammenarbeit auf.
Schon 1990/91 hatte er sich entschieden, nach Bad Radkersburg in Österreich umzuziehen, und startet seine Deutschland-Tourneen von dort aus.
Seit 1998 ist Dietrich Kittner auch Mitherausgeber und Autor der Zweiwochenschrift Ossietzky. Er ist Mitglied der DFG-VK, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, der Tucholsky Gesellschaft, des Schriftstellerverbandes (VS), der Erich-Mühsam-Gesellschaft und Ehrenmitglied des Freundeskreises Ernst Busch. Kittner steht der DKP nahe, schreibt gelegentlich in ihrer Zeitung Unsere Zeit und tritt regelmäßig bei Kulturveranstaltungen der Partei auf.
Günter Wallraff schrieb 1978 in seinem Vorwort zu Kittners zoologischer Garten: „Er ist der Einzelkämpfer und Partisan, der sich wesentlich weiter vorwagt auf feindliches Terrain als alle etablierten – früher mal politischen Kabaretts zusammen.“
Erhard Jöst konstatiert: „Kittner hat viel zur Demaskierung unhaltbarer Zustände in unserer kapitalistischen Wirtschaftswundergesellschaft beigetragen, weil er die politische Funktion des Kabaretts in den Vordergrund stellte, ohne die anderen Aufgaben zu vernachlässigen“, und er bescheinigt dem Kabarettisten Glaubwürdigkeit, „weil er sein Programm auf dem Podium nicht nur abspult, sondern den Dialog mit seinem Publikum sucht, und weil er permanent aktiv in die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen eingreift.“
Dietrich Kittner ist der Vater des im Mai 2006 verstorbenen Musikers Konrad Kittner (später Konrad Carls, Abstürzende Brieftauben, Rasta Knast).
Der Niedersächsische Landtag hat in seiner 33. Sitzung am 25. März 2009 Dietrich Kittner zum Mitglied der 13. Bundesversammlung gewählt. Er hat damit am 23. Mai 2009 in Berlin an der Präsidialwahl teilgenommen.

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