Der Konflikt um die Linie 10 eskaliert ins Persönliche

23_03_2012_haz-west_interview_-die_d-linie_droht_den_stadtteil_zu_spalten- 

Herrn

Rainer-Jörg Grube

Bezirksbürgermeister

Röttgerstraße 14

30451 Hannover

 

„Die D-Linie droht den Stadtteil zu spalten“ – Ihr Interview vom 22.03.2012 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Grube,

 mit großem Interesse haben wir Ihr Interview zur D-Linie im Stadtanzeiger am 22.03.2012 gelesen. Leider enthält Ihr Interview einige inhaltliche Fehler, die wir in Form eines offenen Briefes richtig stellen möchten:

 1.           Sie sagen: „Schon klar, dass die üstra ihr Hochflur-System abschließen möchte. Wenn dann in Hannover alle Hochbahnsteige gebaut sein werden, hat das über die Jahrzehnte insgesamt eine halbe Milliarde Euro gekostet – eine unternehmerische Fehlentscheidung, die man erstmal über die Fahrpreise refinanzieren muss.“ Mehrere dieser Behauptungen sind inhaltlich nicht richtig.

 Richtig ist: Eine Vorfestlegung auf ein Hochflursystem erfolgte 1965 durch den politischen Beschluss der Landeshauptstadt Hannover zum Bau einer U-Bahn mit hohen Bahnsteigen. Niederflurfahrzeuge gab es zu dieser Zeit noch nicht.

Als über zwanzig Jahre später die ersten Niederflurfahrzeuge am Markt verfügbar waren, überprüfte 1991/1992 ein Arbeitskreis von Landeshauptstadt Hannover, Kommunalverband Großraum Hannover und üstra, ob eine Umstellung der Stadtbahn auf Niederflurtechnik sinnvoll sei. Das Ergebnis war, dass eine solche Umstellung innerhalb der bestehenden Tunnelstrecken aufgrund der Kosten nicht umsetzbar ist. Dieses Ergebnis wurde mit einer Beschlussvorlage vom 30.09.1992 politisch vom Kommunalverband Großraum Hannover beschlossen.

 Die jetzt geführte Diskussion beschränkt sich auf die Umstellung einer Linie – der Linie 10. In diesem Arbeitskreis waren die Region Hannover, die Landeshauptstadt Hannover, die Infra, Regiobus, üstra und ein externen Niederflurexperte – Prof. Meyfahrt aus Kassel – beteiligt. Ein Ergebnis des Arbeitskreises waren 820.000 € Mehrkosten pro Jahr für den Fall einer Umstellung auf Niederflur. Auch der externe Niederflurexperte kam zu dem Fazit, dass eine Umstellung auf Niederflur aufgrund der Situation in Hannover die schlechtere und teurere Variante ist.

 Investitionen in die Infrastruktur werden in der Region Hannover beschlossen und durch die infra Infrastrukturgesellschaft Region Hannover GmbH als Bauherr realisiert. Die Tarifeinnahmen im GVH fließen den Verkehrsunternehmen üstra, Regiobus und anderen zu, um den operativen Verkehr zu finanzieren. Ein inhaltlicher Zusammenhang zu Baumaßnahmen besteht nicht.

 2.           Sie sagen: „Wussten Sie, dass es in Deutschland fünf Varianten von Niederflursystemen gibt, und die üstra für alle Ihre Berechnungen die teuerste Variante heranzieht?“ Diese Behauptung ist falsch.

 Richtig ist, dass zur Ermittlung der Kosten betriebliche Erfahrungen von sechs Verkehrsbetrieben eingeholt wurden, welche sowohl Hochflur- als auch Niederflurbahnen betreiben. Es handelt sich um die Städte: Köln, Dortmund, Frankfurt am Main, Essen, Düsseldorf und Bochum. Aus deren Angaben zu betrieblichen Mehrkosten wurde der Durchschnittswert gebildet, dieser wurde aufgrund der gewonnenen Erfahrungen in Kassel nochmal reduziert und floss dann in die Bewertung des Arbeitskreises ein. Darüber hinaus entstehen Mehrkosten aufgrund der geringen Fahrzeuganzahl (25 Fahrzeuge) für die Linie 10, welche durch eine Marktabfrage bei Fahrzeugherstellern ermittelt wurde und mit den guten Ausschreibungsergebnissen zum TW3000 (146 Fahrzeuge) verglichen wurde.  Kostenvorteile des Niederflursystems aufgrund der weniger aufwändigen Bahnsteige flossen ebenfalls in die Betrachtung ein, die im Gesamtergebnis aber 820.000 € Mehrkosten pro Jahr für das Niederflursystem ergaben.

3.           Sie antworten auf die Frage nach der Bedeutung der Netzflexibilität: „Ist Ihnen klar, dass die üstra schon jetzt vier verschiedene Züge einsetzt, aber nur der TW6000 überall fahren kann?“ Diese Behauptung ist falsch.

 Richtig ist: Die üstra betreibt zwei verschiedene Fahrzeugtypen. Der TW6000 ist auf allen 12 Linien einsetzbar. Der TW2000 kann zurzeit auf acht der 12 Linien eingesetzt werden. Der Grund dafür, dass heute noch vier Linien (5, 9, 10 und 17) nicht mit dem TW2000 befahren werden können, liegt in der größeren Fahrzeugbreite des TW2000 gegenüber dem TW6000 begründet und darin, dass Anpassungen am Gleis aus wirtschaftlichen Gründen erst im Zuge von Erneuerungen vorgenommen werden. Dieses geschieht in geraden Gleisabschnitten teilweise erst nach 20 bis 30 Jahren und wird auf den vier benannten Linien in ca. drei bis sechs Jahren erfolgen, so dass ab ca. 2018 alle 12 Linien auch TW2000-tauglich sind.

Bei einer Umstellung der Linie 10 auf Niederflur würden dauerhaft zwei getrennte Netze entstehen. Die betriebliche Flexibilität im Fahrzeugeinsatz ginge verloren. Die Linie 10 könnte weder im Nachtsternverkehr, noch als Expresszug oder bei Störungen in den A-Tunnel (Waterloo – Kröpcke – Hauptbahnhof) einfahren. Die Linie 17, die in Ricklingen an Hochbahnsteigen hält, könnte Ihren heutigen Linienweg über Schwarzen Bär – Goetheplatz – Steintor nicht mehr bedienen. Hier gingen Direktverbindungen verloren.

4.           Sie sagen: „Ich habe den Eindruck, dass Niederflur den Interessen des Stadtteils eher gerecht wird. Damit könnte die D-Linie schnell behindertenfreundlich gestaltet werden, ohne dass Hochbahnsteige in den Straßenräumen gebaut werden müssten.“ Die Aussage „schnell“ ist falsch.

Richtig ist: Die Umstellung auf Niederflur dauert länger als die Beibehaltung des Hochflursystems. Grund dafür ist, dass Niederflurfahrzeuge erst beschafft werden müssten. Hierzu muss vorher eine europaweite Ausschreibung durchgeführt werden. Der zeitliche Nachteil in der Realisierung erster zusätzlicher behindertengerechter Verbindungen (durch Bau von einzelnen Hochbahnsteigen) beträgt bei Niederflur mindestens drei Jahre.

5.           Sie sagen: „Ich habe große Zweifel, dass man sich in Uetze für den Nahverkehr in Limmer interessiert“ und „Die Leute in Burgdorf haben doch Ihre Regionsabgeordneten nicht gewählt, damit die ihnen Entscheidungen aufbürden, mit denen sie gar nichts zu tun haben.“  Hier wird durch Sie in Frage gestellt, warum die Bürger der Region befragt werden sollen und nicht nur die Betroffenen und Anlieger. Diese Sichtweise kann nur auf den städtebaulichen Aspekt reduziert richtig sein.

Die Bürger der Region würden durch ihre Steuermittel den betrieblichen Mehraufwand der Einführung eines Niederflursystems jährlich finanzieren. In der Vergangenheit wurden mehrfach betriebliche Mehrkosten einer neuen Maßnahme durch Kosteneinsparungen auf anderen Linien kompensiert. Außerdem hat die reduzierte Netzflexibilität Auswirkungen, die weit über den Stadtteil Linden-Limmer hinausgehen.

Wir glauben, dass ein Bürgerentscheid in der Region Hannover zum Thema Hochflur/Niederflur auf der Linie 10 eine große demokratische Chance und Herausforderung darstellt. Hier wird es in den vor uns liegenden Monaten von besonderer Bedeutung sein, sachliche Informationen an die Wahlberechtigten zu geben, damit der Wähler diese für sich abwägen kann. Weitere Informationen hierzu gibt es im Internet auf der Seite der Region Hannover: www.hannover.de/de/wirtschaft/mobilitaet/RH_Nahverkehr/aktmeld/pm014.html

Wir würden uns freuen, wenn Sie in Zukunft unsere sachlichen Argumente in der Diskussion und im Meinungsbildungsprozess berücksichtigen. Gerne laden wir Sie zum Meinungsaustausch zu uns zur üstra ein.

Mit freundlichen Grüßen

Gunnar Straßburger

Unternehmensbereichsleiter Stadtbahn

üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe

Aktiengesellschaft

 

 

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Stellungnahme von Jürgen Mineur, SPD Ratsherr und Aufsichtsratsmitglied der Üstra

Der Bezirksbürgermeister Rainer Grube hat die sachliche Diskussion verlassen, und wird seinem Amt als Bezirksbürgermeister nicht gerecht.
In seinem offenen Brief vom 27.3.2012 äußert er sich:
Herr Klaus Scheelhaase wird als zu Ostern faule Eier verteilend diffamiert; Herr Gunnar Straßburger wird als „Üstra Chefdiplomaten mit nordkoreanischer Ausprägung" bezeichnet.
Wie kommt der Bezirksbürgermeister von Linden-Limmer zu der Überzeugung, er dürfte sich parteiisch äußern und verpflichtet im gleichen Atemzuge den Regionspräsident und Üstra Aufsichtsratsvorsitzender Hauke Jagau zu objektiver Neutralität?
Die Aufsichtsratsmitglieder der Üstra AG werden als bezahlte Marionetten tituliert, die sich als Verkehrsexperten oder als Bürger tarnen.
Das die Üstra auf eine objektiv falsche Darstellung von Herrn Grube mit einer sachlichen Richtigstellung reagiert,
wird mit der Entscheidungsfindung von Bananenrepubliken gleichgestellt.
Ich persönlich bin als Aufsichtsratsmitglied gesetzlich verpflichtet das Unternehmen zu kontrollieren, insbesondere darauf zu achten, das bei Unternehmensentscheidungen die Wirtschaftlichkeit gewährleistet ist.
In der Konsequenz kann ich bei Verstößen sogar dafür haftbar gemacht werden.
Wenn jetzt also eine politische Entscheidung ansteht, die die Bilanz nachhaltig jedes Jahr um eine knappe Millionen Euro verschlechtert, so bin ich schon deshalb dazu verpflichtet darauf hinzuweisen und Einfluss zu nehmen.
Es fällt mir schwer, bei dieser Vorlage sachlich zu antworten. Ich werde mich aber nicht auf das Niveau von Herrn Grube bewegen.
Die Forderung einen Bahnsteig in der Limmerstraße in Linden Nord 50 cm niedriger ausfallen zu lassen, soll jetzt mit einem Systementscheid für Niederflur, der dauerhaft eine knappe Millionen Euro jedes Jahr kosten würde, umgesetzt werden.
Außerhalb von Linden Nord bedeutet das aber auch, das die Kaufleute am schwarzen Bären endgültig von ihren Kunden aus Ricklingen abgehängt würden. Bei Niederflur müsste die Linie 17 eingestellt werden.
Der Wegfall des Nachtsternverkehrs, in seiner jetzigen Form, würde die Partygänger, die Samstag abends in Limmer bei Ché Heinz und in Linden-Nord bei Faust feiern, betreffen, aber auch jeden anderen der am Wochenende unterwegs ist und die Vorzüge des Nachtsternverkehrs geniesst.
Nur durch die Komplettierung des bestehenden Systems Hochflur, erhalten wir uns die Flexibilit im Netz, die die morgendlichen Expresszüge auf der Linie 10 ermöglicht.
Das zugrunde liegende Interview mit Herrn Grube hat den Titel:
"Die D-Linie droht den Stadtteil zu spalten".
Die Spaltung treibt Herr Grube mit seinem diffamierenden Stil erst herbei.
Was waren das für schöne Zeiten, als Linden noch weltoffen und integrativ war.
Jürgen Mineur

 Stellungnahme der CDU-Fraktion im Stadtbezirksrat Linden-Limmer um Schriftwechsel zwischen Bezirksbürgermeister Grube und der üstra
CDU Fraktion distanziert sich von Bezirksbürgermeister Grube
Mit Entsetzen hat die CDU Fraktion im Stadtbezirksrat Linden-Limmer das Antwortschreiben  es Bezirksbürgermeisters Grube an die üstra (undatiert) zur Kenntnis genommen nd distanziert sich nachdrücklich von der völlig unverhältnismäßigen, in
der Wortwahl völlig undemokratischen und diffamierenden Art, in der Herr Grube die stra, in Person von Herrn Bereichsleiter Straßburger, angeht.
Herr Grube nutzt für seinen persönlichen Kleinkrieg zum Thema D-Linie in diesem chreiben erneut seine Funktion und sogar das Briefpapier des Bezirksbürgermeisters inden-Limmers. Ein solches Verhalten ist bisher in der guten demokratischen
Landschaft unseres Stadtbezirks einmalig und daher erschreckend zugleich. usdrücklich begrüßt die CDU eine offene und faire Diskussion zum Thema D-Linie. uf derartige Wortbeiträge des Bezirksbürgermeisters, und noch dazu in offizieller
Funktion, kann unser Stadtbezirk jedoch verzichten. Hier nimmt Herr Grube sein Amt n keiner Weise, wie es gute Tradition ist, sachlich neutral und überparteilich wahr. r schreibt selbst, daß er die Funktion des Bezirksbürgermeisters in „ausgesprochen eit- und arbeitsintensiver Funktion“ ehrenamtlich ausübe. Wir als CDU Fraktion können
auf seine Ausübung des Ehrenamtes in dieser Art und Weise in Zukunft gut verzichten.
Vielleicht ist es für den Stadtbezirk besser, wenn Bezirksbürgermeister Grube ein Ehrenamt in Hände gibt, die mit diesem Begriff behutsamer umgehen.
CDU Fraktion im Stadtbezirksrat Linden-Limmer
Christian Eggers, Fraktionsvorsitzender, 02. April 2012

 

 

 

 

 

 

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